Einen ganz besonderen Weg, um für Demokratie und Toleranz einzustehen, ging Ende des vergangenen Jahres der Ortsverein Penzberg. Gezeigt wurde die Ausstellung „Flagge zeigen für Demokratie. Gegen Gewalt und Fremdenhass“ des Künstlers Klaus Staeck. Ute Frohwein-Sendl, Initiatorin und Erste Vorsitzende, organisierte einen einzigartigen Kultur-Spaziergang durch die 29 teilnehmenden Ausstellungsstätten.
Die Wanderausstellung „Flagge zeigen für Demokratie. Gegen Gewalt und Fremdenhass“, bestehend aus 38 politischen Plakaten, wurde erstmals im Jahr 1994 von dem renommierten Grafikdesigner und Künstler Klaus Staeck ins Leben gerufen. In einer Zeit, in der Fremdenfeindlichkeit und rechtsextreme Tendenzen auch in Deutschland ein wachsendes Problem darstellten. Seitdem waren die Bilder bereits an 160 Orten zu sehen. Sie symbolisieren ein eindrucksvolles Statement für den Erhalt demokratischer Werte und den respektvollen Umgang mit Vielfalt. Für die Gestaltung konnte Staeck in den 1990-ern namhafte Künstler gewinnen wie beispielsweise Christo, Tomi Ungerer, Hanne Darboven, Günter Grass, Rupprecht Geiger, Kirsten Klöckner, Harald Naegeli, Wolfgang Niedecken, Daniel Spoerri und Günther Uecker.
Demokratie ist nicht selbstverständlich
Heute, mehr als 30 Jahre später, ist das Thema Demokratie aktueller denn je. Ute Frohwein-Sendl, Erste Vorsitzende des Ortsvereins, hebt hervor, dass gerade in einer Stadt wie Penzberg, in der Menschen aus über 90 Nationen leben und ein respektvolles Miteinander pflegen, die Thematik eine besondere Bedeutung hat. „Penzberg ist ein gutes Beispiel für gelungene Integration und gegenseitigen Respekt. Doch dieser Zustand ist keine Selbstverständlichkeit – wir müssen immer wieder dafür kämpfen, dass er uns erhalten bleibt.“
Gesagt, getan: Vom 15. Oktober bis zum 29. November letzten Jahres konnten Bewohner*innen und Besucher*innen Penzbergs die Ausstellung besuchen. Wie es dazu kam? „Die Ausstellung war bereits seit 2001 in Bayern unterwegs. Ich habe sie vor fast 15 Jahren vom Landesjugendwerk der AWO übernommen, das damals keine Lagermöglichkeit dafür hatten. Jetzt, in meiner Rente, hatte ich endlich Zeit, die Ausstellung zu organisieren“, so Frohwein-Sendl.
Neben ihrer Tätigkeit als Erste Vorsitzende im Ortsverein arbeitete sie viele Jahre als Jugendsozialarbeiterin an der ortsansässigen Mittelschule. Ziel war es, die Ausstellung nicht nur an einem Ort zu zeigen, sondern die Exponate über die Stadt hinweg an verschiedenen Schauplätzen zu verteilen, um sie für möglichst viele Menschen sichtbar zu machen und gleichzeitig die Möglichkeit eines Kultur-Spaziergangs entstehen zu lassen.
Kunst im öffentlichen Raum für ein gutes Miteinander
„Durch die Arbeit im Ortsverein bin ich gut vernetzt und habe verschiedene Institutionen angeschrieben, ob sie teilnehmen möchten – von Kindergärten und Schulen bis hin zu Einrichtungen verschiedener Glaubensgemeinschaften und lokale Einzelhändler*innen. Alle fanden die Idee super, das hat mich natürlich sehr gefreut“, erzählt Frohwein-Sendl. Die Plakate teilte sie den entsprechenden Institutionen zu, sodass sichergestellt wurde, dass an den jeweiligen Orten, wie beispielsweise in den Kindergärten, ausschließlich altersgemäße Inhalte gezeigt wurden. Die Bilder wurden zudem so platziert, dass die Ausstellung während der regulären Öffnungszeiten der jeweiligen Einrichtungen zugänglich war, wie beispielsweise in der Stadtbücherei, dem Museum Penzberg-Sammlung Campendonk, in Cafés, Bäckereien, dem Rathaus und der Volkshochschule. Jedes Plakat bot in seiner jeweiligen Umgebung eine neue Perspektive auf das Thema Demokratie.
Die Entscheidung, die Kunstwerke über die ganze Stadt zu verteilen, sollte außerdem die Vielfalt der Orte widerspiegeln, an denen Demokratie und Toleranz eine Rolle spielen. „Wir wollten die Menschen dort erreichen, wo sie sich bewegen, arbeiten, lernen und miteinander umgehen“, erklärt Frohwein-Sendl. „Es ist ein Aufruf an alle, sich für ein respektvolles Miteinander zu engagieren, unabhängig von Herkunft, Glauben oder Hautfarbe. Wir müssen uns immer wieder um die Demokratie bemühen“, so Frohwein-Sendl.
Die Ausstellung bot den Besucher*innen einen Moment der Reflexion und regte dazu an, selbst aktiv zu werden. „Ich habe einige E-Mails dazu bekommen, wie einzelne Plakate gedeutet werden sollen. Darauf habe ich immer geantwortet: ‚Das muss jede*r für sich selbst überlegen.‘ Man kann nicht immer direkt auf die Bedeutung schließen und hat Raum für eigene Überlegungen.“
Diesen Raum nutzten beispielsweise auch die Schüler*innen der Penzberger Schulen, die an dem Kultur-Spaziergang teilnahmen und mit ihren Lehrkräften das Thema Demokratie auch im Unterricht behandelten. „Ich finde es wichtig, dass man das Thema Demokratie wieder positiv sieht. Wir sind alle abhängig davon, aber müssen etwas dafür tun“, so Frohwein-Sendl.
„Kunst kann etwas bewegen“
Frohwein-Sendl und Klaus Staeck selbst betonen, wie wichtig es ist, dass Kunst nicht nur in Museen oder Galerien gezeigt wird, sondern direkt in den öffentlichen Raum getragen wird. „Kunst kann etwas bewegen“, sagt die Erste Vorsitzende des Ortsvereins. „Gerade in einer Zeit, in der viele politische und gesellschaftliche Themen polarisieren, ist es wichtig, dass wir uns mit den Werten der Demokratie auseinandersetzen. Kunst gibt uns die Möglichkeit, auf emotionaler Ebene zu reagieren und sich mit schwierigen Themen auseinanderzusetzen.“
Eine Auseinandersetzung mit dem Thema Demokratie war im Rahmen der Ausstellung auch in Form eines kleinen Highlights möglich: Besucher*innen der Ausstellung konnten an einem Gewinnspiel teilnehmen. Dabei galt es, drei Fragen zu beantworten:
• Welches Tier ist im Wappen der Stadt Penzberg abgebildet?
• In welchem Jahr wurde die Arbeiterwohlfahrt in Deutschland gegründet?
• Wo steht der Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“?
Die Teilnehmerzahlen konnten sich sehen lassen. Stolze 100 Einsendungen erhielt Frohwein-Sendl. Im Januar wurden die zehn Gewinner*innen in den Räumlichkeiten der AWO gekürt, die unter anderem mit Einkaufsgutscheinen im Wert von bis zu 150 Euro belohnt wurden.
Eine Einladung zum Nachdenken
Die Ausstellung „Flagge zeigen für Demokratie“ in Penzberg ist nicht nur eine Rückschau auf die gesellschaftlichen Herausforderungen der 90er-Jahre, sondern vor allem ein Aufruf, sich weiterhin für eine offene, demokratische Gesellschaft einzusetzen. Sie erinnert uns daran, dass Demokratie kein Selbstläufer ist, sondern immer wieder neu verteidigt werden muss.
Der Kultur-Spaziergang durch Penzberg lud dazu ein, sich mit den großen Fragen von Toleranz, Vielfalt und Respekt auseinanderzusetzen – und dies auf eine künstlerische und zugleich nachdenkliche Weise über alle Generationen hinweg. Wer die Ausstellung auch bei sich im Ort zeigen möchte, kann sich an Ute FrohweinSendl wenden und die Plakate gegen eine kleine Gebühr ausleihen. Telefon: 08856/803907, E-Mail: ute.frohwein-sendl@awo-penzberg.de
Alexa Dinauer
Foto: Ute Frohwein-Sendl, Erste Vorsitzende des Ortsvereins, mit Plakaten der Ausstellung „Flagge zeigen für Demokratie. Gegen Gewalt und Fremdenhass“ (© Andreas Baar/Das Gelbe Blatt/Rundschau für Penzberg)
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